Prof. Dr. Gianmaria Ajani & Prof. Dr. Maurizio Ferraris: AI-Driven Technology and Its Challenge to the Law

Durch KI-getriebene Technologien wird die Fähigkeit der Gesetzgeber herausgefordert, soziale Bedürfnisse zu regulieren. Defizite im rechtlichen Regime neuer Technologien können durch verschiedene Faktoren aufgezeigt werden: Trägheit oder Verzögerung bei der Einführung von Vorschriften, eine zunehmende Vielfalt zwischen der EU, die für die Regulierung ist, und dem unregulierten Ansatz der USA, mangelnde Koordination zwischen supranationalen politischen Entscheidungsträgern und nationalen Entscheidungsträgern sowie eine unscharfe Definition der Grenzen zwischen ethischen und/oder rechtlichen Verfahren.

Defizite in der Politikgestaltung können kontroverse Entscheidungen von Gerichten oder Regulierungsbehörden aktivieren, wie beispielsweise das kürzlich von der italienischen Datenschutzbehörde unerwartet verhängte Verbot von CHAT-GPT. Wer ist für diese Trägheit verantwortlich? Können politische Entscheidungsträger sich damit rechtfertigen, dass die Unvorhersehbarkeit von KI-Entwicklungen als Entschuldigung dient? Die Beantwortung dieser Fragen bietet nur eine teilweise Antwort auf die Sackgasse, in der wir uns befinden. Es geht nicht nur darum, einen herausfordernden Ausgleich zwischen dem Schutz persönlicher Identitäten und der Anerkennung der Gesamtvorteile zu finden, die durch KI-Anwendungen gebracht werden. Es geht auch darum, wie man aktuelle und zukünftige Vorschriften mit einem etablierten Satz von rechtlichen Kategorien in Einklang bringen kann. Die wichtigsten rechtlichen Kategorien, die dazu geschaffen wurden, die verschiedenen Aspekte wirtschaftlicher Beziehungen anzuziehen und zu begrenzen, scheinen nicht mehr in der Lage zu sein, die durch KI in der Wertschöpfung eingeführte Disruption zu regeln. Die Vielfalt zwischen den auf Common Law basierenden Rechtsordnungen und den Zivilrechtsordnungen beeinflusst bereits den globalen Wettbewerb bei der Verwaltung von Big Data.

Eigentumsrechte an Informationen, die durch Big Data gefördert werden, aber auch Haftungsregeln für Risiken und Schäden, die durch unabhängige Agenten eingeführt werden, oder die Identifizierung der Urheberrechtsabdeckung für Kunstwerke, die von Generative Adversarial Networks erstellt wurden: Diese und andere Fälle erfordern eine Neufassung der rechtlichen Grundsätze und Kategorien, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Solche theoretischen Arbeiten sind notwendig, um zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Verwaltung von KI-Entwicklungen zu klären, insbesondere: Wer besitzt was?

About

Gianmaria Ajani ist Professor für Vergleichendes Privatrecht an der Universität Turin. Derzeit unterrichtet er Data Ethics und Protection an der Universität Polytechnique in Turin, Law and Economic Development und Law & Arts an der Universität Turin. Er berät verschiedene internationale Organisationen wie den Internationalen Währungsfonds, die EU-Kommission, den Europarat, das UNDP, die GIZ und die ILO zu verschiedenen Aspekten der Rechtsreformen für die wirtschaftliche Entwicklung. Er ist Mitbegründer/Mitherausgeber der Zeitschrift “Brill Research Perspectives in Art and Law”. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen gehören: Human Authorship and Art Created by Artificial Intelligence. Where Do We Stand? (Nomos, 2021); und The European Taxonomy Syllabus: A multi-lingual, multi-level ontology framework to untangle the web of European legal terminology (Applied Ontology, 2016).

Maurizio Ferraris ist Professor für Philosophie an der Universität Turin, wo er auch Präsident des LabOnt – Center for Ontology ist. Er hat auf dem Gebiet der Ästhetik, Hermeneutik und Sozialontologie gearbeitet und seinen Namen mit der Theorie der Dokumentalität und dem zeitgenössischen Neuen Realismus verbunden. Derzeit ist er einer der Mercator-Gastprofessoren für KI im menschlichen Kontext im Rahmen des Projekts Desirable AI am CST in Bonn. Zusätzlich ist Maurizio Ferraris Autor von mehr als fünfzig Büchern, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, wie zum Beispiel: A Taste for the Secret (mit Jacques Derrida – Blackwell, 2001); und Manifesto of New Realism (SUNY UP, 2014).